Patricia, wie machst du das eigentlich? Wie bekommst du so vieles unter einen Hut? Und wie geht das mit zwei Kindern? Neben der Frage „Tschuldigung, fahren Sie weg?“ wahrscheinlich die zweithäufigste, die mir gestellt wird.
Tja, wie mache ich das!? Um ehrlich zu sein: Ich kenne es nicht anders. Und erkenne immer erst am Erstaunen anderer, dass meine Work- Life-Balance einigermaßen vom Mainstream abzuweichen scheint …
Das liegt daran, dass ich als Freiberuflerin nicht einen, sondern mehrere Jobs habe: Model, Storytellerin, Markenbotschafterin, Moderatorin. Weiteres engagiere ich mich für die Stiftung Wings for Life und habe zusammen mit Partnern, darunter Felix Gottwald, das Online Fresh-Startup ICH+ entwickelt, das demnächst startet. Wir liefern hochwertiges Obst und Gemüse frisch wie nie, plastikfrei und Co2-neutral innerhalb von nur 24 Stunden an jede Adresse.
Straffes Programm, stimmt. Verbunden mit viel reisen und Fahrerei. Und ja, ich gebe es zu: Es gibt Tage, da wären mir 48 Stunden lieber als 24. Ich verbringe so viel Zeit wie möglich mit meinen beiden Kindern – und arbeite dann, wenn sie im Kindergarten und in der Schule sind oder schon schlafen. Bleibt noch manchmal Zeit für mich? Ja: Sport ist exklusive Patricia-Zeit.
Um keinen falschen Eindruck zu erwecken: Klar schlaucht das dichte Programm manchmal! Würde ich deshalb lieber etwas anders oder weniger machen!? Ehrlich gesagt: nein! Ich hatte noch nie dieses „normale Leben“, diesen einen „normalen Beruf“, diesen Fokus auf „eine Sache“. Das ist es auch, was mich erfüllt, was mir Spaß und Freude bereitet, was meinen Alltag so lebendig macht.
Es gibt in dem Sinn kein Geheimnis, wie ich alles unter einen Hut bekomme – aber es gibt wichtige Elemente, die es dafür braucht.
Element 1: Ich liebe, was ich tue. Das kann ich mit Überzeugung sagen.
Elemente 2 bis 6, die es für mein Zeitmanagement sonst noch braucht: Planung, Disziplin, Kompromissbereitschaft und eine Extraportion Flexibilität. Und, am allerwichtigsten, die Idee von Perfektionismus loszulassen. Ich bin ich kein Wondergirl, das dauerhaft glücksselig auf rosafarbenen Cotton-Candy-Clouds durchs Leben schwebt. Nein! Manchmal kann auch ein buntes Leben „zach“ sein: Wenn ich viel unterwegs und auf Reisen bin, vermisse ich meine Family und habe manchmal richtig Heimweh. Und natürlich kommt es vor, dass ich nach ein paar Stunden Schlaf hundemüde zum nächsten Job hetze, obwohl ich lieber länger schlafen und gemütlich mit den Kids frühstücken würde. Und ja, es kommt auch vor, dass an manchen Tagen das in meinen Jobs obligatorische „Strahlen auf Kommando“ mitunter etwas schwerer fällt.
Das ist ok. Es ist voll okay, mal müde, genervt oder schlecht gelaunt zu sein. Das Leben ist nicht so erfunden, dass man ununterbrochen ultrahappy durch den Tag grooven muss. Da sind wir bei Element 7: Die mentale Kunst ist, auch damit zufrieden sein zu können und trotzdem dankbar für das zu sein, was man hat – das bedeutet, sich selbst nah zu sein. Das ist entscheidend. Auch und gerade in schwierigen Lebensphasen. Im Frieden mit sich selbst zu sein und diese Zufriedenheit zu spüren, unabhängig von allem, was im Außen passiert – das ist die innere Freiheit, nach der wir uns alle sehnen.
Das ist jedoch kein Dauerzustand. Jedenfalls nicht für mich. Mich von äußeren Zwängen zu befreien ist für mich eher ein tägliches, mentales Gymnastikprogramm. Denn ich bin – um es auf Oberösterreichisch zu sagen – „a guater Lotsch“. Gut im Nein-Sagen, wie es mitunter wirklich wichtig wäre? Leider nein!
Wenn es mich also in meinem Alltag schleudert, dann jedes Mal, weil ich an einer entscheidenden Stelle dieses kleine Wörtchen NEIN nicht über die Lippen gebracht habe. Prioritäten verschwimmen, To Do´s türmen sich und man verliert Klarheit, Kraft und Überblick. Nicht weil es so viel ist, sondern weil man so feig war. Selbst wenn man dieses an sich doch einfach auszusprechende Wort „Nein“ rausbringt – die Übung ist ja, es unbeschwert, klar und ohne dieses beklemmende Gefühl von schlechtem Gewissen zu sagen. Wie die Next-Level-Neinsager (Sind Männer eigentlich besser darin? Keine Ahnung. Tut auch nichts zur Sache :-)), die nicht nur ohne schlechtes Gewissen, sondern wunderbar auch ohne große Erklärungen „Nein.“ sagen können.
Charities sind für mich mitunter so ein Thema: Jede Einladung ist eine Ehre, es sind allesamt großartige Initiativen, die ans Herz gehen – und wenn man überall zusagt, macht man nichts anderes mehr. Geht also nicht. Was ich da trotzdem oft im Kreis gehe, bis ich eine Absage formuliert habe: Schlimm.
Generell scheint Nein-Sagen eine lifelearning lesson für mich zu sein. Oft möchte ich mich reflexartig für Dinge rechtfertigen, obwohl es eigentlich keiner Rechtfertigung bedarf. Wie ein Freund von mir zu sagen pflegt: „Rechtfertigen tun sich nur die recht Fertigen.“ Hat was für sich. Da kämpfen dann der „guate Lotsch“ und die Realistin in mir ums Rechthaben – das Dilemma ist, dass sie eigentlich immer beide Recht haben. Element 8 also: Mut zum „Nein!“ im richtigen Moment.
Element 9, weil ich das Unwort gerade schon wieder zwei Mal hintereinander verwendet habe: eigentlich gehört eigentlich in jedem Wortschatz abgeschafft. Dieser ungesunde Weichmacher, der einen in jeder Konversation in Rückenlage bringt. Wie oft habe ich mir schon vorgenommen, dieses Wort nie wieder zu gebrauchen, zumal es keine wirkliche Bedeutung hat. Es zeichnet bloß eine ausgesprochene Gedankenblase mit unsicheren Ausrufe- und Fragezeichen (?!?!) in den Raum, wie in Comics. „Eigentlich geht es mir gut“, „eigentlich ist alles leicht“, „eigentlich bin ich zufrieden“ – eigentlich ist als Wort eigentlich ziemlich entlarvend: es relativiert, schwächt ab, vernebelt, macht misstrauisch, oder legt offen, dass man sich selbst nicht ganz über den Weg traut. Oft ist es in vermeintlich guter Absicht eingeflochten, aus Rücksicht auf Nachfragende, von denen man annimmt, die schnürlgrade Wahrheit sei ihnen nicht zuzumuten – ein Fehler!
Wem ist gedient, wenn wir das, was uns lieb, teuer und wichtig ist, abschwächen? Unser Glück, unser Können, unsere Freude, unsere Zufriedenheit relativieren? Müssen wir unsere Entscheidungen und „Neins“ zu dem, was nicht oder nicht mehr unseres ist, wirklich immer erklären? Nein, müssen wir nicht! Element 10: Das können wir üben. Am besten jeden Tag. Dann hat unter dem eigenen Hut mehr von dem Platz, was wirklich wichtig ist.